Die Krankheit für ein paar Stunden wegschminken

Im Kosmetikseminar des Vereins „Leben mit Krebs lernen Frauen Tricks für ein besseres Aussehen. Steigerung des Selbstwertgefühls

Konrad Beikircher und Ingrid Schürheck
Ilse Baumann (rechts im Bild) & Heide Jaumann

Auf dem Tisch stehen Spiegel und Fläschchen. Daneben liegen Wimperntusche, Lidschatten, Lippenstift, Kosmetiktücher. Sieben Frauen, die an Krebs erkrankt sind und sich in Siegburg getroffen haben, betrachten die Produkte zunächst etwas zurückhaltend. Doch die anfängliche Scheu legt sich schnell. Eine Frau legt ihre Perücke ab. Die Kursteilnehmerinnen, die durch Chemotherapie zum Teil ihre Haare, Wimpern und/oder Augenbrauen verloren haben, nehmen die Kosmetika in die Hand, vergleichen sie und hören Heide Jaumann zu. Die Kosmetikerin sagt: „Es gibt hier keine Farb- und Stilberatung, aber ich möchte Kniffe und Tricks für ein besseres Aussehen geben.“ Wichtig: Sie schminkt die Frauen nicht, die Frauen sollen Pflege und Farbe selbst auftragen, um es auch zu Hause machen zu können.

Der Verein „Leben mit Krebs“ im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis veranstaltet die vierteljährlichen Schminkkurse seit einigen Jahren in Zusammenarbeit mit der DKMS Life, einer Schwesterorganisation der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, wie Ilse Baumann vom Verein sagt. Die Idee dazu kommt aus Amerika. Dort wollten Kosmetikfirmen laut Jaumann Krebspatientinnen nach dem Motto „Look good - feel better“ (gut aussehen - sich besser fühlen) helfen.

Eine der Frauen beim Seminar ist Svetlana Walter. „Ich freue mich darauf, etwas für mich selbst zu machen“, sagt sie über ihre Beweggründe, an der zweistündigen Veranstaltung teilzunehmen. „Ich möchte lernen, etwas Neues auszuprobieren.“ Jaumann zeigt den Teilnehmerinnen, wie sie sich in ihrer Haut und mit ihrem Aussehen wohlfühlen können. Tipps zur Gesichtspflege und zum Schminken werden dankbar angenommen. Die Kosmetikerin beginnt mit der Reinigung und Pflege des Gesichts: „Die Tagespflege immer von der Nase weg nach außen reiben. Die Haut ist durch die Therapie sehr empfindlich.“ Jede Frau macht begeistert mit, vergisst währenddessen auch mal die schwere Krankheit. Nach dem Auftragen des Make ups erklärt die Expertin, warum das Gesicht auch gepudert werden sollte: „Tupfen sie es, es dient zur Mattierung der Haut.“ Besonders wichtig seien die Augenbrauen, so Jaumann. Der Verlauf der Augenbrauen sei entscheidend für Gesichtsausdruck und Mimik. „Üben Sie, solange die Augenbrauen noch da sind. Wenn keine Härchen mehr da sind, ist es schwierig, die Form hinzubekommen.“

Svetlana Walter nimmt den Lidschatten in die Hand. „Der sollte farblich zum Oberteil passen“, erklärt Jaumann, „oder sie nehmen die so genannten No-Farben.“ Diese Grau- und Brauntöne unterstützten die Ausstrahlungskraft des Auges. Walter schaut in den Spiegel, ist zufrieden. Die Kosmetikerin ebenfalls. Sie kontrolliert bei jeder Seminarteilnehmerin die Schminke, wischt hier und da mal etwas weg, macht es neu. Die Frauen machen sich gegenseitig Komplimente. Walters Teint ist strahlend, ihre Augen hat sie mit dem Kajalstift ausdrucksstark ummalt. Nicht nur sie hat ihr Selbstwertgefühl in diesen zwei Stunden gestärkt.

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